LOTTO-Förderpreis 2023

Pianist auf der Überholspur

Foto © Jennifer Taylor

Vier Fragen an Tony Yun – LOTTO-Förderpreisträger 2023

Er gewinnt zurzeit alle wichtigen Auszeichnungen seines Fachs und erschließt sich aktuell in rasantem Tempo den internationalen Markt: Die Rede ist von Tony Yun. Diesen Sommer wird der junge Kanadier mit dem LOTTO-Förderpreis des Rheingau Musik Festivals ausgezeichnet. Der von der hessischen Lotteriegesellschaft seit 2009 gestiftete Preis ist mit 15.000 Euro dotiert und wird im Rahmen des Preisträgerkonzerts am 13. August auf Schloss Johannisberg verliehen. Wir durften vorab ein kurzes Interview mit ihm führen.

© Guanglin

Lieber Herr Yun, beim diesjährigen Rheingau Musik Festival werden Sie Werke von Brahms, Beethoven, Busoni und Schumann interpretieren. Wie wählen Sie Ihre Programme aus und wie bereiten Sie sich auf die Programme vor?
Die Programmplanung ist für mich ein aufregender und spannender Prozess! Zu Beginn stelle ich in der Regel eine Liste mit potenziellem Repertoire zusammen, dem ich mich am meisten verbunden fühle und mit dem ich mich wohl fühle. Dann filtere ich die Liste, um ein komplettes Programm zu erstellen, wobei ich bestimmte Faktoren wie die Kohärenz, die Gesamtstruktur, den Veranstaltungsort, an dem ich spielen werde, und natürlich das Publikum, für das ich spielen werde, im Auge behalte. Was die Vorbereitung betrifft, so versuche ich, die Musik genau zu studieren und so viel und so gründlich wie möglich zu üben. Normalerweise lese ich die Kompositionsgeschichte, höre mir andere Werke desselben Komponisten an und sehe mir Manuskripte der Werke an. Im Laufe der Jahre habe ich es auch als nützlich empfunden, ohne Klavier und Partitur zu üben, denn so prägt sich die Musik in meinem Kopf ein.

Letztes Jahr haben Sie Ihr Debüt beim Rheingau Musik Festival gegeben. Wie haben Sie dieses Konzert und die Region Rheingau erlebt?
Es gibt bestimmte Orte, an denen sich Künstler dazu inspirieren lassen, 120 % ihrer selbst zu geben, und für mich gehörte der Rheingau ganz klar dazu. Die Schönheit und Gastfreundlichkeit des Rheingaus hat mich sofort in seinen Bann gezogen. Die einzigartige Festivalatmosphäre hat dazu beigetragen, dass ich entspannt und inspiriert musizieren konnte. Und das wiederum hat dazu geführt, dass ich auf ganz natürliche Weise mit meinem Publikum interagieren konnte.

Sie haben Ihre Leidenschaft zum Beruf gemacht. Ist die Musik auch Ihr Ausgleich im Alltag oder gibt es andere Aktivitäten, die Ihnen einen Ausgleich bieten?
Von klein auf hatte ich eine besondere Liebe zur Musik, und die meiste Zeit außerhalb der Schule habe ich mit Musik verbracht. Als ich aufwuchs, war Musik mein Zufluchtsort und mein Ausgleich. Diese Leidenschaft für Musik führte später dazu, dass ich eine professionelle Karriere anstrebte und sie zu meinem Lebensmittelpunkt machte. Jetzt, da ich älter werde, finde ich zusätzlich zu dieser anhaltenden Liebe zur Musik meinen Ausgleich durch die Erfüllung und den Sinn, den die Musik mir gibt. Diese Erfüllung ergibt sich aus der Vielfalt an hervorragender Musikliteratur, die ich zu meinem großen Glück entdecken und täglich in meinem Beruf bearbeiten kann. Und der Sinn ergibt sich daraus, dass ich die Werke zu den Menschen bringe, mich auf diesem Weg mit dem Publikum verbinde und dabei die Musik im Heute sprechen lasse, während ich es gleichzeitig mit der Vergangenheit in Einklang bringe.

© Jennifer Taylor

Welche Ziele und Meilensteine wollen Sie in Zukunft noch erreichen? Worauf arbeiten Sie hin?
Ich habe viele kurz- und langfristige Ziele, auf die ich mich sehr freue. Ein kurzfristiges Ziel ist, dass ich die vielen Werke, die auf meiner Bucket List stehen, lernen und aufführen möchte. Zurzeit belege ich etwa in der Schule einen geisteswissenschaftlichen Kurs, in dem es um Dantes Inferno geht, und das hat mich dazu inspiriert, mich auch mit Liszts Dante-Sonate zu beschäftigen. In den letzten Jahren habe ich auch ein Interesse am Dirigieren entwickelt, was sich als hilfreich erwiesen hat, weil das Dirigieren mir ermöglicht, eine Vielfalt an Klängen und Nuancen jenseits des Klaviers zu entdecken. Mein größtes langfristiges Ziel ist es, meinen Teil dazu beizutragen, mehr Menschen in Konzertsäle mit klassischer Musik zu bringen und die Musik auch in die Ecken der Welt zu tragen, wo der Zugang zu dieser Musik (noch) nicht oder nur eingeschränkt möglich ist.

Konzert

K 125 | 13.8. | So. 19 Uhr
Schloss Johannisberg, Fürst-von-Metternich-Saal

Tony Yun Klavier

Johannes Brahms Thema und Variationen d-Moll op. 18b
Richard Wagner/Franz Liszt Isoldes Liebestod aus „Tristan und Isolde“ S. 447
Ludwig van Beethoven Klaviersonate f-Moll op. 57 „Appassionata“
Ferruccio Busoni Berceuse aus Elegien BV 249
Robert Schumann Sinfonische Etüden cis-moll op. 13