Fokus: Julia Fischer

Immerwährende Neugier

Julia Fischer © Uwe Arens

Foto © Uwe Arens

Begonnen haben Sie Ihre musikalische Ausbildung zunächst an der Geige; ein Jahr später kam das Klavier hinzu. Waren für Sie von Anfang an beide Instrumente gleich wichtig oder hatten Sie zunächst eine Präferenz für eines der beiden Instrumente? Wann wuchs in Ihnen der Wunsch, Musikerin zu werden?
Eigentlich kann ich mich nicht an eine Zeit erinnern, in der ich mich nicht als Musikerin fühlte. Mit der Geige stand ich von Anfang an mehr im Rampenlicht – ich weiß nicht warum. Jedenfalls habe ich nie die Entscheidung getroffen, Geigerin zu werden. Musikerin ja, aber das Instrument war Zufall.

Mit neun Jahren erhielten Sie als Jungstudentin Ihren ersten Unterricht an der Hochschule für Musik und Theater München. Wie viel Zeit nahm die Musik in Ihrer Jugend ein?
Ab dem Alter von 11 oder 12 Jahren eigentlich meine gesamte Freizeit. Damals hatte ich buchstäblich nichts als Musik im Kopf.

Als international renommierte Musikerin sind Sie auf der ganzen Welt unterwegs. Ist es anstrengend für Sie, Konzerte auf der ganzen Welt zu geben? Reisen Sie gern?
Ich reise gern und ich treffe gern Menschen, lerne gern auch neue Menschen kennen. Aber es ist nicht so, dass die vergangenen zwei Jahre beruflich besonders fordernd gewesen wären…

 Sie haben bereits 2011 eine Geigenprofessur an der Münchener Musikhochschule angetreten. Was ist Ihnen besonders wichtig beim Unterrichten Ihrer Studierenden? Was möchten Sie diesen jungen Menschen mit auf den Weg geben?
Ich möchte, dass sie einerseits das Handwerkszeug lernen, um ein Leben lang Geige spielen zu  können. Andererseits möchte ich, dass sie neugierige und inspirierte Musikerinnen und Musiker werden.

2018 haben Sie gemeinsam mit zwei Musikerkollegen ein Kinderorchester gegründet. Wie unterscheidet sich die musikalische Arbeit mit Kindern zu Ihrer Arbeit als Professorin?
Bei den Kindern ist es natürlich absolute Basisarbeit – wozu dient Musik, warum machen wir das? Die Kinder sollen vor allem lernen, dass Musik eine Sprache ist, die man auf der ganzen Welt verstehen kann.

© Uwe Arens
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Voller Neugier nehmen Sie sich immer wieder neuen Projekten und Themen an. So haben Sie 2017 den JF CLUB gegründet, um den Mitgliedern dieser Plattform einen umfangreichen Einblick in Ihre Arbeit zu geben. Was war Ihre größte Motivation, einen solchen Club ins Leben zu rufen?
Mein Drang nach Unabhängigkeit. Ich mag es nicht, wenn mir vorgeschrieben wird, welches Repertoire ich mit wem aufnehmen soll. Außerdem bin ich nicht sonderlich PR-konform, das führte natürlich immer wieder zu Diskussionen mit den Plattenfirmen.

Wie entscheiden Sie, mit welchem Werk Sie sich als nächstes auseinandersetzen möchten? Und wie nähern Sie sich einem neuen Werk?
Den meisten Werken begegne ich durch Zufall – ich höre einen Studenten mit einem Werk,  oder einen Kollegen. Manchmal erzählt mir jemand von einem Komponisten, dann lese ich nach, was er geschrieben hat. Dann suche ich mir Kollegen, die das Werk mit mir durchlesen. Dann kann ich entscheiden, ob ich es auch aufführen will.

 Sie haben Ihre Leidenschaft zum Beruf gemacht. Ist die Musik auch im Alltag Ihr Ausgleich oder gibt es andere Aktivitäten, die Ihnen Ausgleich verschaffen?
An erster Stelle steht da natürlich meine Familie. Das Klavier ist ein wunderbarer Ausgleich für  mich.

Im Jahr 2000 gaben Sie Ihr Debüt beim Rheingau Musik Festival und sind dem Festival nun seit gut 20 Jahren verbunden. Welche Erinnerungen haben Sie an diesen ersten Auftritt? Welche Bedeutung hat das Rheingau Musik Festival für Sie?
Waren das die Bach Konzerte? Damals habe ich mich mit dem Konzertmeister über die Bogenstriche gestritten, wenn ich mich richtig erinnere! Aber im Ernst: Ich komme immer gern zum Rheingau Musik Festival. Ich liebe die unterschiedlichen Spielorte, die Gegend und vor allem das Publikum.

Sie treten nicht nur mit Orchestern auf, sondern auch in kleiner Kammermusikbesetzung oder im Duo mit Klavier. Wie unterscheiden sich diese Arten des Musizierens für Sie? Bevorzugen Sie eine davon?
Gerade bin ich auf Quartett-Tour. Das ist für mich musikalisch immer ein absolutes Highlight.  Wir sind gute Freunde, zwischenzeitlich schon seit Jahrzehnten. Es ist die reinste Form des Musizierens und sicherlich die, auf die ich am wenigsten verzichten kann.

 Vor etwa 10 Jahren haben Sie Ihr eigenes Streichquartett – das Julia Fischer Quartett – gegründet. Was schätzen Sie besonders am Quartettspiel? Haben Sie ein Lieblingsstreichquartett?
Vermutlich das große G-Dur-Quartett D 887 von Franz Schubert.

Es steht eine Premiere an in diesem „Sommer voller Musik“: Beim Rheingau Musik Festival werden Sie das erste Mal gemeinsam mit dem Pianisten Jan Lisiecki, der in diesem Jahr ebenfalls Fokus-Künstler des Festivals ist, mit einem Kammermusik-Programm auf der Bühne stehen. Ist die Vorbereitung eine andere, wenn Sie zuvor noch nicht mit diesem Duopartner zusammengespielt haben? Wie wird das Programm für einen solchen Abend zusammengestellt?
Per Email. Wir haben uns Ideen geschrieben und so entstand das Programm. Ich bin sehr neugierig auf diese Zusammenarbeit. Wir werden in den Tagen vor dem Konzert Gelegenheit haben, uns musikalisch kennenzulernen.

Dieses Jahr steht der Komponist Felix Mendelssohn Bartholdy im Fokus. In Ihrem letzten Konzert beim Rheingau Musik Festival werden Sie sein berühmtes Violinkonzert darbieten. Wie stehen Sie zu diesem Werk und diesem Komponisten?
Gerade habe ich eine Biographie über Fanny und anschließend eine über Felix Mendelssohn Bartholdy gelesen. Er ist ein Komponist der mir sehr nahe steht – vielleicht am nächsten. Ich liebe alle seine Werke, ich habe sehr früh seine Musik kennengelernt und ich bewundere seine absolute Perfektion im Komponieren. Er hat ein perfektes Gespür für Form, Fantasie, Harmonie und hat mit die schönsten Melodien komponiert, die je geschrieben wurden.

Zum Schluss: Worauf darf sich das Publikum des Rheingau Musik Festivals bei Ihren Konzerten besonders freuen? Was möchten Sie den Besuchern mit auf den Weg geben?
Ich hoffe Freude, Inspiration und Energie.

© Uwe Arens

Julia Fischer beim Rheingau Musik Festival

7.7. | Do. 20 Uhr | K 22

Kurhaus Wiesbaden
Friedrich-von-Thiersch-Saal

Julia Fischer Violine
Bamberger Symphoniker
John Storgårds Leitung

Jean Sibelius Sinfonische Dichtung „Finlandia“ op. 26
Robert Schumann Violinkonzert d-Moll WoO 1
Edward Elgar Enigma-Variationen op. 36

9.7. | Sa. 19 Uhr | K 22

Schloss Johannisberg
Fürst von Metternich Konzert-Kubus

Julia Fischer Quartett

Pjotr Tschaikowski Streichquartett Nr. 1 D-Dur op. 11
Andrey Rubtsov Streichquartett (Komposition für das Julia Fischer Quartett)
Wolfgang Amadeus Mozart Streichquartett Nr. 15 d-Moll KV 421

20.7. | Mi. 19 Uhr | K 51

Schloss Johannisberg
Fürst von Metternich Konzert-Kubus

Julia Fischer Violine
Jan Lisiecki Klavier

Ludwig van Beethoven Violinsonate Nr. 3 Es-Dur op. 12,3
Franz Schubert Violinsonatine Nr. 2 a-Moll D 385a
Robert Schumann Violinsonate Nr. 2 d-Moll op. 121

23.7. | Sa. 19 Uhr | K 57

Kurhaus Wiesbaden
Friedrich-von-Thiersch-Saal

Julia Fischer Violine
Kammerakademie Potsdam
Tarmo Peltokoski
Leitung

Zoltán Kodály Tänze aus Galánta
Felix Mendelssohn Bartholdy
Violinkonzert e-Moll op. 64 · Sinfonie Nr. 3 a-Moll op. 56 „Schottische“